
Erinnerung(s).Sch.immer
- irmabelic

- 7. Aug.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 12. Aug.
Ich gleite vom Traum in die Gegenwart, von der Nacht in den Tag.
Das letzte Traumbild beginnt zu verschwinden, löst sich auf, bleibt als Schwere zurück, während erstes Licht durch Wimpernkranz auf meine Augen trifft.
Eine Schwere drückt mir Lider wieder zu, das in Auflösung verschwimmende Traumbild gewinnt an Gewicht, ist dennoch verloren, beschreibende Worte kann ich nicht finden, ein konturloses und farbloses Gebilde bleibt in meinen Knochen liegen und wirft mich zurück in den Traum. Wieder reihen sich Bilder an Bilder, Gefühl reibt am Gemüt. Noch einmal nähere ich mich dem Erwachen, Lichtschimmer der Gegenwart, noch einmal wirft mich die Schwere zurück, zurück in den Traum, in die Lähmung, in die Begegnung, als ob ich sie festhalten wollte, hoffend, auf eine Wendung. Berührt.
Der Tag drängt vorwärts, das Licht fordert Erwachen, ich öffne die Augen.
Ich finde Worte. Ich habe von meiner kleinen geträumt. Ich erinnere ihren Haarschnitt, ihren Mund, ihre Augen. Ein kleines Mädchen. Ihre Augen voll Unschuld, dennoch fordernde, neugierige Erwartung - explizit an mich gerichtet - ein Bangen, ein Wissen. Das Wissen, dass ich nichts werde ändern können. Ein Vorwurf schwingt mit in ihrem Blick. Er trifft mich, ich bin hilflos, bereit alles zu geben. Eine Last schwer wie unabwendbares Schicksal behindert meine Bewegungen.
Ich fessle Glieder, im Traum, vehement, mit Wut und Ekel, ich gebe nicht nach. Immer entkommt eines der Gliedmaßen dieser Gestalt, richtet sich gegen die Kleine, ich wehre sie ab, verzweifelt. Meine Wut richtet sich gegen die Verhöhnung meiner Bemühungen. Diese Gestalt, sie ist böse, lächelt verächtlich, sie hat etwas bedrängendes, provokantes, das erschreckt mich, enttäuscht mich, ich kann die Wahrnehmung nicht an einem Ausdruck festmachen. Ich werde wütender. Es ist bloß eine Gestalt, ohne Konturen, oben könnte gleich unten sein. Nichts ist offensichtlich, nicht einmal die gefühlte Bedrohung, sich windend, schlüpfrig. Ich fühle mich unzulänglich, feige und falsch. Eine Gewissheit in mir hört nicht auf zu ringen, treibt mich an.
Die Augen der Kleinen, ihr Blick auf mich. Offensichtlich.
Hinter meinem Kampf, wabernde Wolken, ausnahmslos gefühlt und ebenso konturlos, Weibliches. Weibliche Gestalten und Stimmen, ebenso wortlos oder unverständlich in ihren Aussagen. Ich deute dieses Geschwurbel aus Tönen, Gesten, Blicken als zynische Freude an meinem Scheitern. Ich kämpfe noch verzweifelter, noch vehementer, ich bin zu äußersten Grausamkeiten bereit. Ich fühle mich allein.
Die Kleine will nun in die Sandkiste mit Gummistiefel. Sie will wissen wie das ist. Einmal mit Gummistiefel in der Sandkiste stehen. Während ich hilflos versuche das hämisch lachende, böse, verzerrte Wesen zu bändigen, verzweifelt zu quälen, zu vernichten, geht eine andere Gestalt, weiblich, mit meiner Kleinen an der Hand zur Sandkiste. Ein Kloß schwillt in meinem Hals.
Ohnmacht. Hilflosigkeit. Scham. Scheitern. Verzweiflung, versteckt, und Tränen im Hals. Zum Brechen übel.
Wieder die Schwere auf meinen Lidern, die beschreibenden Worte wollen nicht in meinem Bewusstsein bleiben. Ich suche sie in meinem Hirn. Kauderwelsch. Unbrauchbar. Noch einmal schließen sich meine Augen, sofort beginnt die Traumwelt sich wieder meiner zu bemächtigen, ich zwinge meine Augen auf, ich schüttle die Nacht ab, die Figuren verflüchtigen sich. Husch husch!
Die Kleine bleibt.
Meine Kleine.
Eye to Eye.
Die Schwere bleibt.
Sie ist mir schon bekannt.
Ich nehme einen Hauch Traurigkeit mit in den Tag. Ein Sehnen, ein Seufzen in den Gliedern bei jedem Schritt, und auch ein Bild. Ein lebendiges Bild, ein schönes, ruhiges, in Farbe, in Klarheit, mit scharfen Konturen, begleitet mich. Wird bleiben, wird wachsen, wird sich über andere Bilder legen, ähnliche.
Ich hatte Kontakt heute Nacht. Wir haben uns berührt. Sie war da, sie war mir so nah. Sie ist nah. Sie begleitet mich durch den Tag. Sie wird leichter.
„Notierst Du Deine Träume, Anne?“
„Es klingt nicht gerade nach einem fröhlichen Traum.“
„Die Begegnung, ihre Augen, die Verbundenheit, das wird bei mir bleiben. Der Rest wird verblassen, wird gehen, über die Tage verschwimmt und verschwindet die vage Handlung. Sie verpufft, löst sich auf, wird immer durchsichtiger, die Worte entziehen sich einer Beschreibung. Eine Essenz bleibt.“
„Trost?“
„Gewissheit.“
“It’s not the dream we remember — it’s the essence that glows.“


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